IKON Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin

Das IKON-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin befasst sich interdisziplinär mit dem Einfluss von Umweltbedingungen auf die menschliche Gesundheit und Leistungsfähigkeit – und zwar im Weltraum, in der Luftfahrt und auf der Erde. Aspekte der menschlichen Physiologie wie Schlaf, zirkadianer Rhythmus, Muskel- und Knochenstoffwechsel, Herz-Kreislauf, Mikro- und Molekularbiologie können unter hochkontrollierten Umweltbedingungen erforscht werden. Zusätzlich werden die Akteure der Luft- und Raumfahrt unter psychologischen Aspekten in den Blick genommen. Unsere Forschungsergebnisse und daraus abgeleitete technologische Innovationen können direkt in psychologischen und biomedizinischen Anwendungen nutzbar gemacht werden.

Kardiovaskuläre Luft- und Raumfahrtmedizin

Die kardiovaskuläre Luft- und Raumfahrtmedizin untersucht die Einflüsse von realer und simulierter Schwerelosigkeit, von extremen atmosphärischen Bedingungen, von Ernährung sowie von körperlichem Training auf das menschliche Herzkreislaufsystem. Erforscht werden die Mechanismen der strukturellen und funktionellen Anpassung des Herzens und der großen Blutgefäße sowie der Einfluss des autonomen Nervensystems auf die Regulation des Herzkreislaufsystems. Die Forschungsergebnisse können nicht nur dazu dienen, Gegenmaßnahmen zur Vermeidung der Dekonditionierung von Astronauten während Langzeit-Raumflügen zu entwickeln, sondern auch, bei der Früherkennung von Erkrankungen zu helfen und Therapien für Patienten noch wirkungsvoller zu gestalten.

Muskel- und Knochenstoffwechsel

Der Forschungsbereich Muskel- und Knochenstoffwechsel untersucht die Anpassung des menschlichen Körpers an veränderte Umweltbedingungen wie Schwerelosigkeit, Atmosphärenzusammensetzung, Ernährung und Bewegungsmangel. Auch die genetische Veranlagung und Alterungsprozesse werden hierbei berücksichtigt. Auf dieser Grundlage können effiziente Gegenmaßnahmen gegen Muskelabbau, Knochenschwund und Stoffwechselstörungen nicht nur im Weltraum sondern auch für die mögliche klinische Nutzung z.B. in der Rehabilitationsmedizin entwickelt werden.

Schlaf und Leistungsfähigkeit

Die Abteilung für Schlaf und Leistungsfähigkeit befasst sich mit den Themen Schlaf, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden unter den Bedingungen der modernen Leistungsgesellschaft. Untersucht werden die Auswirkungen von Umwelteinflüssen sowie individuelle Faktoren, um Gegenmaßnahmen und Strategien für die Anwendung bei Akteuren aus den Bereichen der Luft- und Raumfahrt zu entwickeln. Neben den humanmedizinischen Grundlagen stehen somit auch Anwendungsaspekte insbesondere im Bereich der Luftfahrt im Fokus. Zu den untersuchten Faktoren zählen akuter und chronischer Schlafmangel, Arbeitsbelastung, die Wirkung von Stimulanzien, Jetlag und individuelle Unterschiede in der Vulnerabilität gegenüber Schlafentzug. Erforscht werden die homöostatischen und zirkadianen Prozesse, die die Qualität, Dauer und das Timing des Schlafs bestimmen, sowie die kognitive Leistungsfähigkeit. Methodisch stehen hierfür die Polysomnographie, quantitative EEG-Analyse, Blickverfolgung, kognitive Tests, sowie fMRT- und PET-Bildgebung des Gehirns zur Verfügung. Unsere Studien werden sowohl im Labor als auch in operationellen Umgebungen wie z.B. dem Cockpit durchgeführt.

Baromedizin

Im Bereich der Baromedizin wird untersucht, wie barometrische und atmosphärische Bedingungen wie Hypoxie und Hyperkapnie Leistungsfähigkeit, Schlaf und Wohlbefinden beeinflussen. Hierfür kommt eine Unterdruckkammer zum Einsatz. In diesem Bereich stehen wir auch der Luftfahrtindustrie und Behörden für eine Zusammenarbeit zur Verfügung, um Schutzausrüstungen und Notfallprotokolle zu testen.

Digital Health

Um eine medizinische Betreuung über eine räumliche Distanz hinweg vor Ort beim Patienten gewährleisten zu können, kommt Digital Health zum Einsatz. Dabei kann der Zustand des Patienten durch digitale und kommunizierende Medizinprodukte etwa im heimischen Umfeld in Echtzeit erfasst werden, um hierauf gestützt medizinische Maßnahmen einleiten zu können.

Gravitationsbiologie

Die Abteilung Gravitationsbiologie untersucht die Reaktionen biologischer Systeme in reduzierter bzw. erhöhter Schwerkraft. Auf der Erde können dazu verschiedene Methoden angewendet werden: Mit Zentrifugen kann einerseits eine erhöhte Beschleunigung erzeugt werden, mittels Klinostaten andererseits eine funktionelle Schwerelosigkeit. Dies bildet eine wichtige Grundlage für die Vorbereitung von Experimenten im Weltraum. In Kooperationen mit Universitäten wird der Einfluss der Schwerkraft z.B. auf zelluläre Systeme wie Immun-, Krebs- und Stammzellen untersucht. Mithilfe der Zentrifugenforschung können Trainingsmaßnahmen zum Ausgleich von physiologischen Veränderungen, wie sie bei Astronauten oder bettlägerigen Patienten entstehen, entwickelt werden. Die am Boden gewonnenen Daten werden durch Experimente in realer Mikrogravitation validiert, etwa im Fallturm oder auf Parabelflügen.

Strahlenbiologie

Die Abteilung Strahlenbiologie zielt auf einen wirksamen Schutz vor ionisierender und nichtionisierender Strahlung in der Luft- und Raumfahrt ab. Zu ihren Aufgaben zählen daher die Bewertung der Strahlenexposition auf unterschiedlichen Flughöhen und für verschiedene Szenarien von Weltraummissionen mittels aktiver und passiver Dosimetrie, die Entwicklung neuer Dosimeter sowie Modellrechnungen von Strahlungsfeldern. Darauf aufbauend werden Strahlenschutzrichtlinien und geeignete Gegenmaßnahmen entwickelt. Durch die Untersuchung der biologischen Auswirkungen von Weltraumstrahlung – insbesondere Schwerionen – auf zellulärer und molekularer Ebene und das damit zu erzielende bessere Verständnis der zellulären Strahlungsantwort ergeben sich auch neue Forschungsansätze für die Verbesserung der Strahlentherapie von Tumoren.

Luft- und Raumfahrtpsychologie

Die Abteilung für Luft- und Raumfahrtpsychologie dient als Schnittstelle zwischen technischer Innovation und dem Menschen und richtet ihren Fokus auf die direkt oder indirekt an der Luft- und Raumfahrt Beteiligten wie Piloten, Flugbegleiter, Fluglotsen oder Astronauten.

Entscheidend für die Sicherheit in der Luftfahrt ist letztlich der Mensch: Einerseits kann er technische Fehlfunktionen erkennen und kompensieren, andererseits ist er wegen seiner Fehleranfälligkeit auch der größte Risikofaktor. Nach wie vor haben circa 70 Prozent der Flugunfälle ihre Hauptursache in menschlichem Versagen. Mangelhafte Kommunikation und Kooperation oder unsystematische Entscheidungsfindung führen häufiger zu Flugunfällen als zum Beispiel das Wetter oder die Technik. Andererseits kann eine gute Entscheidungsfindung im Team nachweislich in sehr viel größerem Umfang Flugunfälle verhindern. Die Operateure in der Luftfahrt – besonders Piloten und Fluglotsen – sind also letztlich der entscheidende Faktor dafür, wie sicher ein Flug verläuft.

Für die Eignung und Zuverlässigkeit von Piloten und Fluglotsen spielen neben den klassischen kognitiven, psychomotorischen und sensorischen Fähigkeiten insbesondere verschiedene Persönlichkeitsmerkmale eine wichtige Rolle. Die Luft- und Raumfahrtpsychologie des IKON forscht im Bereich dieser menschlichen Faktoren mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit der Operateure zu steigern und somit bestmöglich die Zuverlässigkeit zukünftiger Operateure sicherzustellen, die damit auch langfristig den Berufsanforderungen gewachsen sind. Dies erhöht nicht nur die Flugsicherheit, sondern bietet auch wirtschaftliche Vorteile für die Fluggesellschaften und Flugverkehrs-Controller, da gut ausgewähltes Personal Trainingskosten verringert. Die Entwicklung spezifischer psychologischer Eignungsuntersuchungen sowie eines Systems optimaler Kommunikation und Kooperation in interkulturell besetzten Teams stehen bei uns daher im Vordergrund.

Kontakt

IKON Zentrum für Luft- und Raumfahrt

Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin
Freilagerstrasse 32
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